Bei der Sanierung der Balken an der Nordseite hat sich leider beim Ausbau eines Balkens durch die Zimmerei die daran befestigte Lehmstaken-Decke verabschiedet. Dadurch klafft seit Längerem ein ca. 1 x 3 Meter breites Loch im Dachgeschoss. Da auch im darunterliegenden (Schlaf)-Zimmer der Boden komplett neu gemacht wird, kann man dort vom DG bis ganz nach unten ins EG gucken. Das ist natürlich auch nicht ganz ungefährlich. Außerdem soll bald die Schüttung ins DG einziehen, damit wir mit dem Bodenaufbau starten können. Deshalb war es höchste Zeit das Loch wieder zu schließen und zwar so, wie es einmal war: mit Lehmstaken!

Lehmstaken oder Lehmwickel - manchmal auch Lehmweller genannt - sind Hölzer (Staken), um die ein Strohlehm-Gemisch gewickelt wird. Die Staken werden dann zwischen zwei Deckenbalken geklemmt (durch eine Nut an beiden Innenseiten der Balken) und können dann von unten mit Lehm glattgezogen und verputzt / gestrichen werden. Ein alte Form des Deckenaufbaus, die sich in Färbi an einigen Stellen findet, und zwar überall dort, wo keine Balken-Bohlen-Decken sind. Leider findet man recht wenig Infos dazu, wie man Lehmstaken richtig herstellt. Schon gar keine Videos, in denen man sich etwas abgucken könnte 😕. Wir sind hin und wieder im Fränkischen Freilandmuseum in Bad Windsheim und haben dort vor ca. 2 Jahren einmal zugesehen, wie Lehmwickel gemacht wurden (damals wussten wir allerdings noch nicht, dass uns das auch einmal bevorsteht 😄). Bei unserem letzten Besuch im Freilandmuseum im Juli wurden leider keine Lehmwickel gemacht, aber wir konnten zumindest herausfinden, dass man idealerweise langes Roggenstroh dazu verwenden sollte. Es sollte optimalerweise mindestens 1,20 Meter lang sein, damit man die Strohhalme nach der Einarbeitung des Lehms gut um die Staken wickeln kann. Also haben wir uns erst mal auf die Suche nach langem Roggenstroh gemacht. Roggen ist nun leider nicht das gängigste Getreide in unserer Gegend und beim "normalen" dreschen und häckseln bleibt von den langen Strohhalmen natürlich nicht allzuviel übrig. Trotzdem hatten wir Glück: auf unsere Suchanfrage hat sich ein Landwirt aus der Gegend gemeldet, der angeboten hat einen kleinen Teil seines Roggenfeldes stehen zu lassen, so dass wir langes Stroh bekommen - juhu 🙃! Aber nun ja, die Freude hielt nicht allzu lange...In der Woche in der er dreschen wollte, kam spät am Abend eine Nachricht: wegen einem Gewitter musste das Dreschen schnell gehen und dabei hatte der Landwirt komplett vergessen, uns einen Streifen langes Stroh stehen zu lassen. Bei Nachhausefahren ist es ihm dann eingefallen, da war es aber leider zu spät 😭. Wir konnten leider niemanden mehr finden, der noch Roggenstroh auf dem Feld stehen hatte - inzwischen war schon alles abgeerntet. Und das Loch im Dachgeschoss muss dringend geschlossen werden, damit die Schüttung rein kann. Plan B musste also her! Wir haben deshalb beschlossen Roggenstroh aus ganz normalen HD-Ballen zu verwenden (mit entsprechend kurzen Strohhalmen). Um den Lehmwickeln die Stabilität zu geben, für die normalerweise die langen Strohhalme sorgen, haben wir Jutegewebe verwendet, das wir als äußere Schicht um die Wickel gelegt haben. Historisch nicht ganz einwandfrei - aber einen Versuch wert 😁! Wir haben erst mal zwei "Probe-Wickel" gemacht und in die Decke eingelegt. Und siehe da: drei Tage später hingen sie noch dort. Plan B schien also zu funktionieren und wurde auf die restlichen Lehmwickel angewandt 😉. Etwas überschwäglich haben wir direkt im Anschluss die neue Decke von unten glattgezogen und die Bereiche zwischen den Staken mit Lehm verschmiert. Das war wohl etwas zu viel feuchter Lehm auf einmal - am nächsten Tag lag ein Teil des Lehms wie Kuhfladen wieder am Boden 🙈. Wir hätten vermutlich abwarten sollen, bis die Lehmstaken etwas angetrocknet sind. Aber naja, halb so wild! Das Schöne an Lehm ist: wenn es nichts wird, einfach mit Wasser wieder einweichen und nochmal probieren 😊!

Wie immer hier noch ein paar Bilder der ganzen Aktion. Da wir im Internet kaum Infos zum Herstellen von Lehmwickeln finden konnten, haben wir außerdem ein Video gedreht - vielleicht hilft es ja dem ein oder anderen, der auch eine Lehmwickeldecke sanieren / wiederherstellen will und kein langes Roggenstroh zur Hand hat.

 
Ausgangslage (die hinteren Staken haben wir noch auf die richtige Breite gekürzt)
 
Der Versuchsaufbau mit Jutegewebe, Lehmstrohmischung und Original-Stake
 
Selfie mit erstem Lehmwickel 😊
 
Der erste "Probe-Wickel" nimmt Platz
 
Zwischenstand
 
...und Endergebnis
 
Mit dem Glattziehen waren wir etwas zu voreilig - da müssen wir wohl nochmal ran!
 
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