Neben den - mal wieder eher destruktiven - Grabarbeiten im Erdgeschoss, dürfen wir tatsächlich schon zum ersten Mal den Pinsel schwingen. Konkret geht es um Bretter, die, sobald sie gestrichen sind, am Giebel und im Traufbereich als Verblendung angebracht werden sollen. Also wurden erstmal alle Bretter ins Dachgeschoss verfrachtet und auf Böcken und Deckenbalken ausgelegt. Das bedeutet zwar "Streichen unter erschwerten Bedinungen", da der Bodenaufbau im Dachgeschoss noch nicht abgeschlossen ist und es immer noch einige "Falltüren" gibt. Aber im Dachgeschoss sind sie gerade am wenigsten im Weg und können in Ruhe trocknen. Das Ganze hat sich dann nämlich doch etwas hingezogen. Der Hauptgrund ist, dass wir die Bretter (und später das komplette Fachwerk außen) mit Leinölfarbe streichen möchten. Und dazu sind im Prinzip 4 Arbeitsschritte nötig: zuerst die Vorbehandlung (Imprägnierung) des Holzes mit reinem Leinöl, dann der eigentliche Farbauftrag - und das insgesamt drei Mal. Neben den Brettern kann auch der Schopfwalm, der schon komplett ausgebessert ist, gestrichen werden.

Bevor wir die Farbe besorgen konnten, mussten wir zunächst den Farbton bestimmen. An der Südseite der Fachwerkfassade waren an einigen Stellen noch wenige Farbreste zu erkennen. Die hat unser Restaurator im Rahmen der Voruntersuchungs befundet und festgestellt, dass Färbi mal ein graues Fachwerk hatte - und das soll es nun auch wieder bekommen 😊. Daher mussten erst mal ein paar Farbfächer ran, um den passenden Ton auszuwählen. And the winner is: ein relativ heller Grauton aus der historischen Farbpallette des Herstellers Keim! Da dieser Hersteller selbst keine Leinölfarben anbietet, machten wir uns also erst mal auf die Suche nach einem passenden Anbieter. Der erste Treffer war Leinölfarbe von Caparol (Histolith-Serie) für knapp 600 € pro 10 Liter. Da mussten wir erstmal schlucken - wir wollten Färbi doch nicht vergolden, sondern nur grau streichen 🙈. Aber nach einigem Einlesen in das Thema Leinölfarbe hat sich der stolze Preis dann schon etwas relativiert, denn Leinölfarben sind wesentlich ergiebiger als "moderne" Fassadenfarben. Die meisten Produkte haben eine Reichweite von ca. 15-20 m2 pro Liter, so dass Leinölfarben auf den m2 betrachtet, sogar günstiger sind als Kunstharzfarben. Und - nebenbei bemerkt - tut man seinem Fachwerk mit Kunstharzfarben keinen Gefallen! Hier verhält es sich nämlich ganz ähnlich wie z.B. mit Zementputz: im Lauf der Zeit entstehen feine Risse im ansonsten dichten Farbüberzug. Das eindringende Wasser kann nicht wieder aus dem Holz verschwinden und es kommt zu Staunässe. Das Endergebnis kann sein, dass nach ein paar Jahren und einem vermeintlich noch guten Kunstharzanstrich das Holz darunter schichtweg vergammelt ist! Leinöl hat eine sehr kleine Molekülgröße und dringt im Gegensatz zu Kunstharzfarben tief ins Holz ein, außerdem sind Leinölgrundierungen und Leinölfarben dampfdurchlässig, so dass Feuchtigkeit, die ins Holz gelangt, von dort auch wieder verschwinden kann. Man kann es nicht oft genug sagen 🙄: keine abdichtenden Materialien aufs Fachwerk!

Grundsätzlich gibt es einige Hersteller für Leinölfarben, oft aus Schweden, da Leinölanstriche dort traditionell auch heutzutage noch recht häufig eingesetzt werden. Da wir einen speziellen Farbton brauchen, hat das die Auswahl allerdings ziemlich reduziert. Nach einigen Anfragen und Preisvergleichen haben wir zunächst Leinölarbe des österreichischen Herstellers All color gekauft und waren mit der Verarbeitung und Reichweite auch sehr zufrieden. Für die nächsten Streicharbeiten werden wir einmal die Variante von Deffner & Johann (Ottosson, eine schwedische Leinölfarbe) austesten. Dort wird der erster Anstrich mit einer Verdünnung von 70% Leinöl und 30% Farbe aufgetragen, so dass man sich die Vorbehandlung mit reinem Leinöl quasi einsparen kann. Danach folgen dann zwei unverdünnte Farbaufträge. Angesichts der vielen Balken, die noch auf Ihren Anstrich warten wäre das natürlich schon eine ordentliche Zeitersparnis. Mal sehen, ob das Ergebnis genauso gut ist wie mit All color. Wir mussten ein Farbmuster einschicken, das gerade auf dem Weg nach Schweden ist - daher dauert die Lieferung noch etwas. Wir werden berichten 😊!

Hier eine kleine Übersicht der Hersteller/Produkte, die wir uns genauer angesehen haben - vielleicht hilft sie dem ein oder anderen weiter:

 Hersteller  Produkt   Reichweite [m2/Liter]   Verdünnung   Besonderheiten
 Caparol   Histolith Leinölfarbe   ca. 11   Nein  
 All color   Leinölfarbe & Standölfarbe   ca. 20-21   Mit 5-15% Leinölfirnis   2 Anstriche mit Leinölfarbe, 3. Anstrich mit Standölfarbe
 Deffner & Johann  Ottosson Leinölfarbe   ca. 14   Erster Anstrich mit 70% Leinöl   Erster Anstrich "ersetzt" Leinöl-Imprägnierung, danach 2 unverdünnte Anstriche
 Reine Leinölfarben  Leinölfarbe   ca. 15   Nein  

 

Und wir immer noch ein paar Bilder der aktuellen Streicharbeiten:

Versuch Nummer eins mit Leinölfarbe von All color - gute Verarbeitung und Reichweite!
Ein Teil der Bretter nach dem 2. Anstrich (die Flecken, die teilweise noch zu sehen sind waren nach dem finalen Anstrich Geschichte)
Ein Teil der Bretter hat schon seinen Bestimmungsort hinter unserer funkelnagelneuen Dachrinne gefunden 😊
Ein Balken am Fachwerk ist auch schon ergraut, weil er mit einem Brett verblendet wird und wir dann nicht mehr drankommen
Der Schopfwalm von innen...hier ging dann irgendwann die Farbe aus 😄
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