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Nachdem wir bisher ja quasi nur abgerissen und rückgebaut haben, ist endlich der Wendepunkt erreicht und wir dürfen zur Abwechslung mal etwas aufbauen 😄! Konkret ging es darum, die Bereiche hinter den sog. Stellbrettern zwischen den Sparren winddicht zu bekommen. Dabei gab es zwei Optionen: Einpassen von OSB-Platten oder Ausmauern mit Lehmsteinen. Wir haben uns letztlich für die zweite Variante entschieden. Da man von außen vom Gerüst aus wesentlich besser an den auszumauernden Bereich kommt als von innen, war das ein Job den wir möglichst abschließen wollten bevor das Dach von außen dicht gemacht wird. Also ein perfekter Zeitverdreib für die Zeit zwischen den Jahren, in der unserer Zimmerer im wohlverdienten Weihnachtsurlaub waren.
Deshalb hieß es erst mal Lehmsteine und Lehmmörtel besorgen. Glücklicherweise ist nur ein paar Kilometer entfernt ein Lager von Claytec - einem der größten Lehmbaustoff-Hersteller in Deutschland. Da haben wir doch gleich mal ein Kundenkonto angelegt 😎. Außerdem haben wir noch Dämmmatten aus Mineralwolle besorgt, die zusätzlich zu den Lehmsteinen eingebaut werden sollen. Und dann waren unsere Puzzlefähigkeiten gefragt 😄. Erst mal mussten für jeden Abschnitt die Mineralwolleplatten passend zugeschnitten und eingesetzt werden. Danach haben wir dann mit Lehmsteinen ausgemauert. Jeder Abschnitt war natürlich unterschiedlich breit, mal mit einem Balken in der Mitte, mal ohne. Auch die Lehmsteine waren durchaus alle etwas unterschiedlich lang und hoch. Fehlende Maurerfähigkeiten wurden getreut dem Motto "Nicht schön aber selten" durch den großzügigen Einsatz von Lehmmörtel ausgeglichen 😜. Letztlich müssen die "Minimauern" ja zum Glück auch nichts tragen oder besonders gerade sein, sondern nur den Bereich zwischen den Sparren gegen Wind abdichten. Am Schluss haben wir außen noch eine Lehmmörtelschicht aufgebracht und parallel zu den Beilaschungen mit einer Wasserwaage abgezogen, damit eine möglichst glatte Fläche entsteht. Im nächsten Schritt folgt dann der Dachaufbau nach außen!
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Der größte Raum im EG war durch eine - recht schmale und nicht-historische - Wand in zwei Zimmer geteilt. Die möchten und dürfen wir entfernen, um einen großen Raum (das "Flügelzimmer" 😊) zu bekommen. Weil noch Platz im Container war, kam die Wand jetzt raus! In diesem Raum ist leider der Unterzug (=Balken der quer durchs Zimmer verläuft) gerissen. Deshalb haben wir zur Sicherheit zusätzlich zu den beiden Stützen, die schon da waren, noch zwei weitere ergänzt. Der Riss ist vermutlich durch eine darüberliegende Wand im OG enstanden, die wohl nicht bauzeitlich ist, sondern etwas später eingezogen wurde. Dadurch kam zu viel Last auf den Unterzug...Da wir keine dauerhafte Stütze mitten im Raum möchten, haben wir mit unserem Architekten und Statiker eine andere Lösung gefunden: der darüberliegende "Wand-Übeltäter" bekommt eine Vorsatzwand, an der er quasi aufgehangen wird. Dadurch kann die Last über die (Außen)wände abgetragen werden, der Unterzug wird entlastet und kann repariert werden. Soweit der Plan 🙃... Außerdem war im Flügelzimmer noch eine Innenwand mit Ziegelsteinen vorgemauert - auch die durften weg. Das war im Nachhinein auch eine sehr gute Entscheidung, da das dahinterliegende Fachwerk leider sehr unter der aufsteigenden Feuchtigkeit gelitten hat und repariert werden muss. Das hätten wir anhand der gegenüberliegenden Seite der Wand - die im Flur gut einsehbar ist - nicht wirklich erwartet. Da zeigt sich mal wieder wie so oft, dass "versteckeln" im Fachwerk meistens keine gute Idee ist, zumindest wenn die Feuchtigkeit durch das "Versteck" nicht vom Holz weg kann.
Hier erst mal ein paar Bilder von unserem neuen großen Raum 😊:
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In einigen Räumen wurden die Innenwände sehr häufig neu verputzt bzw. überstrichen und z.T. tapeziert, so dass im Lauf der Jahrzehnte sehr sehr viele Schichten aus Putz, Farbe und Tapeten entstanden sind. Einige Schichten davon durften wieder weg, Färbi hat also in einigen Zimmern nochmal ordentlich abgespeckt 😊. Wichtig dabei ist natürlich, dass man nicht zu rabiat vorgeht, da wir die historische Substanz natürlich soweit wie möglich erhalten möchten. Das ist bei so vielen übereinanderliegenden Schichten gar nicht so einfach. Daher war eine kleine Spachtel unser Hauptwerkzeug für diesen Job - der dementsprechend lange gedauert hat. Im Flügelzimmer waren wir besonders vorsichtig, da dort in der Voruntersuchung ein schöner Wandfries - vermutlich aus der Biedermeier-Zeit - aufgetaucht ist. Den möchten wir natürlich nicht zerstören! An den Außenwänden können wir den Fries nicht sichtbar lassen, da dort die Dämmung und Wandheizung angebracht wird. Dort wird er daher zum Schutz mit sog. Japanpapier versehen und überputzt. An den Innenwänden möchten wir den Fries aber als sogenanntes "historisches Fenster" freilegen und sichtbar lassen.
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Einen Teil des Esszimmers im EG hatten wir schon zurückgebaut - und dabei u.a. noch ein Fenster an der Nordfassade entdeckt (Hier der Link zum Blogeintrag). Allerdings gab es im Esszimmer - das früher einmal die Küche war - noch weitere nicht-historische Aufbauten an Wand und Decke, die weg dürfen und müssen. Die Decke im Esszimmer ist die, die Mitte des 19. Jahrhunderst nach oben versetzt wurde. Um die Raumhöhe im darüberliegenden Schlafzimmer wieder etwas zu erhöhen, setzen wir die Decke wieder nach unten und stellen damit wieder den Originalzustand her. Deshalb muss die Decke komplett freigelegt werden. Dort fanden wir den bereits bekannten Deckenaufbau vor, der im restlichen EG schon entfernt ist: verputzte Schilfrohrmatten, die seeehr gewissenhaft an der Decke befestigt waren 😏. Der Boden im Esszimmer kam auch raus - dort war ein Holzboden auf den historischen Dielenboden gelegt worden - beides allerdings mehr tod als lebendig. Das Holz hat sehr unter der Feuchtigkeit gelitten. Im Esszimmer befindet sich nämlich auch unser Hausbrunnen, so dass die Feuchtigkeit dort sicherlich noch etwas höher ist als in den restlichen Räumen.
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Alte Schüttung über den Decken gibt es leider nicht nur im Dachgeschoss, sondern auch im Obergeschoss. Dementsprechend mussten auch dort die Bodenbretter herausgenommen und die Schüttung entsorgt werden. Der Bodenbelag im zukünftigen Wohnzimmer wird ebenfalls entsorgt, da es sich um ein jüngeres Modell handelt. Die Bodendielen im restlichen OG sind deutlich älter bzw. zum Teil noch die originalen und werden - soweit es vom Zustand her möglich ist - restauriert und später wieder eingebaut.
Bei der Entfernung der Schüttung im zukünftigen Schlafzimmer haben wir eine interessante Entdeckung gemacht, die uns ein bisschen mehr Aufschluss über Färbis Historie gibt. Aus der Voruntersuchung wussten wir, dass das Gewölbe, das sich im EG befindet erst zu einem späteren Zeitpunkt eingebaut wurde, als es einen größeren Umbau im nördlichen Teil des Hauses gegeben hat (ca. 1850). Dabei wurde auch der Fußboden im zukünftigen Schlafzimmer ein Stück nach oben versetzt. Der Zeitpunkt des Umbaus konnte anhand der dendrochronologischen Proben allerdings nicht sicher bestimmt werden. Wer sich jetzt fragt was Dendrochronologie ist findet im Blogeintrag zur Voruntersuchung ein paar Infos dazu. Im Dendrobericht hieß es damals: "Nicht sicher zu datieren sind die drei Deckenbalken über EG aus Kiefernholz. Nahegelegt wird eine Datierung kurz vor Mitte des 19. Jahrhunderts (Winter 1845/46?). Aufgrund der sehr variablen, teils auch unregelmäßigen Zuwachsverläufe gelingt bei diesen Kiefernhölzern eine Absicherung des möglichen Datums nicht.". Jetzt wo wir die Decke freigelegt haben, kam das Brett einer Transportkiste zum Vorschein, das etwas zweckentfremdet zum Deckenaufbau verwendet wurde (siehe Bild). Heute würde man vermutlich Upcycling dazu sagen 😄 - damals wurde eben genommen, was gerade da war. "Aecht Franck" war ein Kaffeeersatz aus Zichorien, der zu der damaligen Zeit sehr gängig war, da sich die "Normalsterblichen" keinen echten Kaffee leisten konnten. Nach kurzer Recherche haben wir herausgefunden, dass der Firmensitz der Firma, die Aecht Franck herstellte, ihren Sitz erst seit 1869 in Ludwigsburg hat. Und das "Kilo" als Gewichtseinheit ist ja auch noch gar nicht so lange gebräuchlich - das metrische System wurde in Württemberg erst 1871 eingeführt. Von daher würden wir jetzt mal behaupten, dass der Umbau im Bereich des Gewölbes doch erst etwas später als gedacht stattgefunden hat. Mal sehen, was unser Restaurator dazu sagt 😉.
Hier noch ein paar Bilder der Räume im OG, deren Böden jetzt freigelegt und vom Dreck der Jahrhunderte befreit sind - ein paar Fundstücke waren auch wieder dabei 😊: